Benutzungspflicht oder Radwege – solche und solche
„Immer diese Radfahrer!“, schimpft Erwin Eilig, drückt zuerst auf die Hupe, dann auf’s Gaspedal und schneidet den vor ihm strampelnden Radler so knapp, dass der vor Schreck fast über den Lenker absteigt. „Wieso fährt der Idiot nicht auf dem Radweg, wo er hingehört?!“ – „Typisch Autofahrer“, flucht hingegen Rudi Radler, „denkt wohl, die Straße gehört ihm!“
Wer von den beiden hat denn nun Recht?
Das kommt ganz drauf an: Nur die Radwege müssen benutzt werden, die durch die Verkehrszeichen „Radweg“, „getrennter Rad-/Gehweg“ oder „gemeinsamer Rad-/Gehweg“ gekennzeichnet sind (Beschilderung siehe unten). Und diese Verkehrszeichen dürfen nur aufgestellt werden, wenn bestimmte Qualitätsmerkmale erfüllt sind: „Zumutbar“ hinsichtlich Beschaffenheit und Zustand, in der Linienführung „eindeutig, stetig und sicher“ und bei ausschließlichen Radwegen mit einer Mindestbreite bei geringer Radverkehrsbelastung von 1,60 m, da sonst ein Überholen nicht möglich ist.
Nach den Verwaltungsvorschriften muss ein gemeinsamer Geh- und Radweg mit Benutzungspflicht (nach der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen [RASt 06]) innerorts mindestens insgesamt 2,50 m breit sein (VwV II.2 bb zu §2 StVO zu Absatz 4 Satz 2). Auf allen „anderen Radwegen“ ohne unten stehende Beschilderung dürfen Radfahrer zwischen Fahrbahn- und Radwegbenutzung wählen.
Radfahrer sollen also nicht gezwungen werden auf Radwegen zu fahren, die Mängel in der Qualität oder der Verkehrssicherheit aufweisen. Daher ist es gut zu wissen, wann man den Radweg „legal“ verlassen darf – in Richtung Fahrbahn, versteht sich, nicht in Richtung Gehweg.
Folgende Tipps und Verhaltensregeln sollten beachtet werden:
- Nutzen Sie die Möglichkeit auf der Fahrbahn zu fahren, wenn Sie den parallel verlaufenden Radweg nicht benutzen müssen. Auf der Fahrbahn werden Sie von Autofahrern besser gesehen, denn Radwege sind meist abgesetzt und parkende Kfz oder Grünstreifen beeinträchtigen dann die Sichtbeziehung zu den Autofahrern.
- Bei einem benutzungspflichtigen Radweg muss an jeder Kreuzung und Einmündung eines der o.g. Verkehrszeichen aufgestellt sein. Fehlt ein solches, besteht keine Benutzungspflicht mehr.
- Auch bei ansonsten benutzungspflichtigen Radwegen kann im Einzelfall die Fahrbahn benutzt werden. Nämlich dann, wenn die Radwegebenutzung unzumutbar wäre. Das ist z.B. im Winter der Fall, wenn der Radweg nicht von Eis und Schnee befreit ist, oder wenn Baustellen oder andere Hindernisse ein Vorwärtskommen erschweren.
Die drei wichtigsten Verkehrszeichen für Radwege:
Diese Verkehrszeichen bedeuten, dass der Radweg generell benutzt werden muss. Ausnahme bei widrigen Verhältnissen siehe oben.
Verkehrszeichen 237: Sonderweg für Radfahrer
Ein blaues, rundes Schild mit einem Fahrrad als Symbol kennzeichnet Sonderwege für Radfahrer. Er ist für andere Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Skater) gesperrt.
Verkehrszeichen 240: Gemeinsamer Fuß- und Radweg (Fuß- und Radweg als bauliche Einheit)
Ein blaues, rundes Schild mit den Symbolen Fußgänger und Radfahrer, durch eine Waagerechte getrennt, weist darauf hin, dass der Weg von beiden Verkehrsteilnehmern gemeinsam zu nutzen ist. Hier gilt es, besondere Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen.
Verkehrszeichen 241: Getrennter Rad - und Fußweg (Fuß- und Radweg als bauliche Einheit)
Ein blaues, rundes Schild mit den Symbolen Fußgänger und Radfahrer, durch eine Senkrechte getrennt, weist darauf hin, welche Wegesseite von welchem Verkehrsteilnehmer genutzt werden muss, da es zwei durch eine Linie getrennte Wege gibt. Fahrradfahrer müssen die für sie bestimmte Seite benutzen. Sie dürfen nicht auf der Fußgängerseite fahren.
Rechtliche Situation
Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. November 2010 wurde die Anordnung der Fahrradwegbenutzungspflicht nur auf Fälle eingeschränkt, in denen eine "hohe" Gefährdung von Radfahrern gegeben ist.
Dieses Urteil müsste neben der Neufassung der Straßenverkehrsordnung von 1997 den Straßenverkehrsbehörden genug Grund geben, um die bestehenden Radverkehrsanlagen auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu prüfen.
Im Landkreis Fürstenfeldbruck ist hier leider noch nicht viel geschehen.
Wie ist es zu diesem Urteil gekommen? >>> Historie zu diesem Urteil.